Geschäftsreise: Ist Reisezeit eigentlich Arbeitszeit?

Ist Reisezeit = Arbeitszeit, Arbeitsrecht -> Tipps zu Dienstreise, Überstunden und Vergütung

Immer wieder stellen Leser die Frage: Ist die Reisezeit einer Geschäftsreise eigentlich Arbeitszeit? Wie lässt sich die Reisezeit bewerten? Dieser Artikel gibt Ihnen die Antwort!

Wer auf Geschäftsreise geht, fragt sich häufig, ob die Anreisezeit auch als Arbeitszeit gilt. Seit 2018 lautet die Antwort: Ja! Denn das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgeber ihren Angestellten die Reisezeit vergüten müssen und diese wie Arbeitszeit zu behandeln ist. Dennoch kommt es stets auf den Einzelfall an und für Arbeitnehmer ist es essentiell, die Reisezeit genau zu dokumentieren. Hier erfahren Sie, wie die Vergütung für Reisezeit aussieht, ob Sie sich auch auf die Reisezeit Überstunden anrechnen lassen dürfen und welche weiteren Regelungen wichtig sind.

Die Vergütung der Reisezeit

Die normalen Wegezeiten zur Arbeit werden nicht vergütet. Wer aber geschäftlich nach China fliegt und dafür zum Beispiel 10 Stunden braucht, oder wer mit dem Zug bis nach Frankreich fährt, befindet sich meistens auf einer Dienstreise. Die Personalabteilung oder die Sekretärin/ der Sekretär organisiert die Reise. Zu Dienstreisen gehören unter anderem:

  • Besprechungen mit Kunden
  • Ausstellungen
  • Messen
  • Tagungen
  • Seminare

Wichtig ist dabei allerdings, dass Sie in eine andere Stadt oder gar in ein anderes Land reisen. Wenn Sie nur innerhalb der gleichen Stadt zwischen verschiedenen Standpunkten des Unternehmens hin- und herpendeln oder einen Gang zum Amt erledigen, handelt es sich um sogenannte Dienstgänge. Diese werden steuerlich wie Dienstreisen behandelt und Sie bekommen die Kosten ebenfalls erstattet.

Geschäftsreisen hingegen sind sogenannte Individualreisen, die vor allem von Selbständigen durchgeführt werden. Dabei plant und bucht der Reisende die verschiedenen Bestandteile der Geschäftsreise selbst und bezahlt diese mit eigenen Mitteln. Die Vergütung der Reisezeit können Sie daher laut Reiserecht vor allem bei Dienstreisen und Dienstgängen erwarten.

Ruhezeit auf Geschäftsreisen / Dienstreisen - Arbeitszeit?Hinzu kommt noch die Unterscheidung zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit. Wenn Sie im Zug oder im Flugzeug Arbeitsaufgaben erledigen, gilt diese Zeit definitiv als bezahlte Arbeitszeit. Wenn Sie hingegen ein privates Buch lesen oder schlafen, werden Sie nicht unbedingt bezahlt. Seit 2018 ist es aber gang und gäbe, für Dienstreisen in der Economy-Class im Flugzeug oder in der 2. Klasse im Zug die Reisezeit wie normale Arbeitszeit zu vergüten.

Überstunden während der Reisezeit

Überstunden Dienstreise / GeschaeftsreiseDementsprechend ist es sehr wichtig, dass Sie Ihre Reisezeit genau dokumentieren. Sie sind verpflichtet, die schnellste Reiseroute zu wählen. Wenn es aber zu Verspätungen kommt, ist das meistens nicht Ihre Schuld. So können Sie im besten Fall sogar Überstunden ansammeln. Denn wenn Sie mehr als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit pro Tag unterwegs sind, also beispielsweise länger als acht Stunden, können Sie diese Extrazeit als Überstunden notieren.

Zudem gilt es, das Arbeitszeitgesetz zu respektieren. Dieses gibt vor, dass Sie nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine Ruhepause von 11 Stunden einhalten müssen. Das gilt nicht für das Reisen an sich, aber Sie dürfen nach der An- oder Abreise auf Ihrem Recht bestehen, 11 Stunden Pause einzulegen. In vielen Fällen benötigen Sie diese Pause auch, um den Jetlag ein wenig auszuschlafen.

Weitere wichtige Regelungen

Beachten Sie außerdem, dass Sie normalerweise eine Reisekostenpauschale zur Verfügung haben. Deren Höhe ist gesetzlich vorgeschrieben, aber es liegt am Arbeitgeber, ob er Ihnen die Pauschale auszahlt. Sie finden die Angaben darüber normalerweise im Arbeits- oder Tarifvertrag. Außerdem ist es stets sinnvoll, diese Fragen schon vor der Abreise zu klären. Die Höhe eventueller Sachbezugswerte ist ebenfalls wichtig für Sie, da Sie sie spätestens bei der Lohnsteuerabrechnung und der jährlichen Steuererklärung angeben müssen.

Neben Aspekten der Vergütung und des Arbeitszeitrechtes ist es auch wichtig, dass Sie während der Dienstreise versichert sind. Normalerweise ist dies laut §8 des Sozialgesetzbuches der Fall. Dort steht, dass Sie auch auf Dienstreisen in den Genuss der gesetzlichen Unfallversicherung kommen. Auch auf Dienstgängen sowie während der normalen Anreise zur Arbeit gilt der Versicherungsschutz. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn Sie eine private Pause einlegen, um etwa unterwegs Freunde zu treffen. Unter Umständen greift der Schutz dann nicht mehr.

Prinzipiell zählt eine Dienstreise also als normaler Bestandteil der Arbeit und auch die Anreise wird dementsprechend als Arbeitszeit vergütet. Sie sollten aber vor der Abfahrt alle Aspekte mit Ihrem Arbeitgeber besprechen, um sicherzugehen, wie es mit Ruhe- und Arbeitszeiten aussieht und welche Reisekostenpauschale vorgesehen ist.

3 Antworten auf „Geschäftsreise: Ist Reisezeit eigentlich Arbeitszeit?“

  1. Ich werde für eine Woche ins Ausland auf Dienstreise sein. Mir wurde bereits ein Businesshotel zur Verfügung gestellt. Danke für den Hinweis, dass es ein Reisekostenpauschale gibt und man diese vorab mit dem Chef klären sollte.

    1. Mindestlohn und Reisezeit.

      Ich arbeite (Kundenbefragung in Zügen bei der DB) auf selbständiger Basis (haarscharf an der Scheinselbständigkeit vorbei) und bekomme nur meine produktive Arbeit bezahlt. Nun ist es so, dass zwischen den Tätigkeiten immer Wartezeiten von 15 – 60 Min. liegen.
      Teile ich dann meinen Lohn für die produktive Zeit durch die gesamte Einsatzzeit (produktive + unproduktive, aber nicht vermeidbare Wartezeit), dann liegt mein Stundenlohn bei ca 6,00 Euro.

      Entsprechend der Rechtsprechung zur Bezahlung von Dienstreisen (da ist man stundenlang unproduktiv tätig), müsste mein Lohn um diese unproduktiven Stunden angehoben werden?

  2. Guten Tag,

    gilt es auch als Reisezeit, wenn die Dienstreise am Zweitwohnsitz gestartet wird, der weiter entfernt vom Arbeitsplatz und vom Zielort der Dienstreise liegt als der Erstwohnsitz. Oder gilt dann nur die theoretische, kürzere Reisezeit die anfallen würde wenn man vom Erstwohnsitz gestartet wäre.

    Freundliche Grüße
    Felicitas

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