Mit dem „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“, das 2014 in Kraft trat, wurde in der Reisekostenabrechnung der neue Begriff „erste Tätigkeitsstätte“ eingeführt. Er ersetzt den bisher genutzten Terminus „regelmäßige Arbeitsstätte“ und wirkt sich auf die Einkommensteuererklärungen und Dienstreiseabrechnungen von Arbeitnehmern aus.
Angewendet wird das Reisekostenrecht für die Abrechnung der beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit von Arbeitnehmern gegenüber ihren Arbeitgebern. Steuerlich wird dabei nicht mehr zwischen einer Dienstreise, der Einsatzwechseltätigkeit oder Fahrtätigkeit unterschieden. Immer dann, wenn Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte arbeiten, liegt eine berufliche Auswärtstätigkeit vor. Das Reisekostengesetz regelt, welchen Höchstbetrag an Aufwendungen der Arbeitgeber seinem Angestellten steuerfrei erstatten darf. Verpflichtet ist er dazu nicht. Zahlt er seinem Arbeitnehmer weniger oder übernimmt er gar keine Reisekosten, so kann der Steuerpflichtige seine Aufwendungen im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend machen.
Reisekosten entstehen durch die Fahrten mit dem eigenen PKW (siehe Artikel Fahrtkosten im Lexikon) oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zum auswärtigen Arbeitsort, durch notwendige Übernachtungen und durch einen erhöhten Verpflegungsaufwand des Arbeitnehmers. Auch Parkgebühren gehören als Nebenkosten zu den Reiseaufwendungen (siehe hierzu Artikel Reisenebenkosten im Lexikon).
Erste Tätigkeitsstätte: Reisekosten oder Pendlerpauschale?
Besonders relevant ist die Arbeitsstätte für die Abrechnung seiner Werbungskosten. Dazu zählen alle Aufwendungen, die er für die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufbringen muss. Solche Kosten mindern die Steuerlast des Lohn- und Gehaltsempfängers. Bei vielen Angestellten zählen die Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte zu den größten Posten bei den Werbungskosten. Für sie gibt es die Entfernungspauschale, auch Pendlerpauschale genannt. Zur Zeit beträgt sie 0,30 Euro je einfachem Entfernungskilometer. Berechnet wird die Pauschale auf Grundlage der Entfernung zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte. Beträgt die einfache Entfernung dorthin zum Beispiel 30 Kilometer, so verringert sich das zu versteuernde Einkommen bereits um neun Euro pro Arbeitstag.
Während im Rahmen der Pendlerpauschale also die Kosten für die einfache Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeit angesetzt werden, können für eine berufliche veranlasste Auswärtstätigkeit die tatsächlich gefahrenen Kilometer berücksichtigt werden. Erlaubt sind zwar ebenfalls 0,30 € je Kilometer, aber eben für die doppelte Strecke. Im Beispiel oben können jetzt statt der 9 Euro sogar 18 Euro abgerechnet werden.
Definition der ersten Tätigkeitsstätte
Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes am 01. Januar 2014 kann ein Arbeitnehmer nur noch eine oder gar keine erste Tätigkeitsstätte haben. Nachzulesen ist die Definition der ersten Tätigkeitsstätte im Paragraph 9 des Einkommensteuergesetzbuches:
- Sie ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des lohnsteuerlichen Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten.
- Sie muss dauerhaft zugeordnet sein, also entweder unbefristet oder für die Dauer des Dienstverhältnisses oder zumindest über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus.
- Nur wenn der Arbeitgeber keine erste Arbeitsstätte festlegt, zählen weitere Zuordnungskriterien.
Schema zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte
Für die Prüfung, wo die erste Tätigkeitsstätte liegt, sollte schrittweise vorgegangen werden:
1. Die erste Tätigkeitsstätte wurde vom Arbeitgeber bestimmt.
2. Fehlt diese Festlegung:, ist die erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung,
a) in der der Arbeitnehmer typischerweise an jedem Arbeitstag tätig wird oder
b in der der Arbeitnehmer zwei volle Arbeitstage je Woche arbeitet oder
c) in der der Arbeitnehmer mindestens ein Drittel seiner Arbeitszeit tätig ist.
3. Gibt es nach der Prüfung von Punkt 1 und 2 mehrere Tätigkeitsstätten, wird der Arbeitsort, welcher der Wohnung am nächsten liegt, als erste Tätigkeitsstätte bestimmt.
Erste Tätigkeitsstätte für verschiedene Berufsgruppen
Einfach ist die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte also für all jene, die an jedem Arbeitstag ihren festen Arbeitsplatz aufsuchen. Doch heute gibt es viele Arbeitnehmer und Steuerpflichtige, für die der Einzelfall betrachtet werden muss.
Erste Tätigkeitsstätte für Studenten und Auszubildende
Für Studierende wird in der Regel die Universität oder die Hochschule die erste Tätigkeitsstätte sein. Bei Auszubildenden im dualen System gibt es zwei feste Einrichtungen, die sie regelmäßig aufsuchen – ihre Berufsschule und die Arbeitsstätte. Der Arbeitgeber sollte hier ausdrücklich die Tätigkeitsstätte festlegen. Das kann auch die Berufsschule sein, wenn sich für den Auszubildenden daraus steuerliche Vorteile ergeben. Liegt sie näher am Wohnort, zählt bis zu dieser Stelle die Pendlerpauschale. Den weiteren Weg zum Betrieb kann der Azubi dann als berufliche Fahrt mit den tatsächlich gefahrenen Kilometern geltend machen.
Erste Tätigkeitsstätte bei Home Office
Angestellte, die im Home Office arbeiten, werden nicht in einer betrieblichen Einrichtung des Unternehmens tätig. Daher gibt es für sie keine erste Tätigkeitsstätte. Fahrten zum Geschäftssitz des Arbeitgebers sind damit Dienstreisen für sie und entsprechend abrechenbar.
Erste Tätigkeitsstätte bei Leiharbeitnehmern
Bei der Überlassung von Leiharbeitnehmern muss die Prüfung auf die Dauer der Beschäftigung bezogen werden. Wird der Arbeitnehmer für die gesamte Dauer seines Anstellungsverhältnisses an ein Unternehmen entliehen, so ist dort auch seine erste Tätigkeitsstätte. Auch wenn die Entleihung unbefristet ist (der Wortlaut „bis auf Weiteres“ gilt ebenfalls als unbefristet), so wird dieser Einsatzort die erste Tätigkeitsstätte.
Einsatzwechseltätigkeit / Fahrtätigkeit: Berufskraftfahrer, LKW-Fahrer, Busfahrer, Piloten, Rettungssanitäter, etc.
Berufskraftfahrer, die einen LKW oder einen Bus lenken, haben keine erste Tätigkeitsstätte. Ein solches Fahrzeug gilt nicht als ortsfeste Einrichtung. Viele Fahrer übernehmen das Fahrzeug jedoch an einem festen Übergabeort. Dieser gilt dann als erste Tätigkeitsstätte. Das gilt auch für Lokführer, Piloten, Rettungssanitäter oder auch die Besatzungsmitglieder von Schiffen.
Die erste Tätigkeitsstätte wird auch dann an einem Übergabe- bzw. Sammelpunkt angesiedelt, wenn der Weitertransport zum Arbeitsort vom Arbeitgeber organisiert wird. Das kann zum Beispiel an einem Fährhafen oder auf einem weitläufigen Betriebsgelände der Fall sein. Eine Ausnahme gibt es für privat organisierte Fahrgemeinschaften, hier zählt der Treffpunkt nicht als erste Tätigkeitsstätte.
Erste Tätigkeitsstätte und mehrere Arbeitsorte
Arbeitet ein Steuerpflichtige regelmäßig an mehreren Arbeitsorten, so wird ihm trotzdem nur eine erste Tätigkeitsstätte zugeordnet (siehe Punkt 3 des Prüfschemas). Für die Fahrten dorthin kann er die Entfernungspauschale anrechnen. Alle weiteren Fahrten sind dann wie Dienstfahrten zu behandeln – mit der Kilometerpauschale für den gesamten Fahrtweg.
Die steuerlich richtige Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte wirkt sich also auf den Geldbeutel aus. Günstiger ist es, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder in Weisungen eine spezifische Tätigkeitsstätte bestimmt.
Guten Tag, wie verhält ich aber bei Monteuren, die deutschlandweit von Montag-Freitag auf ständig wechselnden Baustellen für unterschiedliche Zeiträume eingesetzt werden! MfG
Solange die Dauer unter 3 Monaten am gleichen Ort ist, der nicht die erste Tätigkeitsstätte ist, sollte es die Pauschalen geben…
@Jan:
Aufwand wurde nun komplett vom Finanzamt aus der Erklärung gestrichen – Danke für nichts!
Wieso und mit welcher Begründung?
Hallo, in meinem Arbeitsvertrag wird das Homeoffice als Arbeitsplatz bestimmt. 2-3x im Monat muss ich jedoch wegen bestimmter Projekte zum Hauptsitz das Unternehmen.
Wie gelten dann die Richtlinien zu den Reisekosten? Kann ich die Abwesenheitspauschale geltend machen?
Nach Aussage des Arbeitgeber will er die Kosten aus Steuerprüfungsgründen nicht mehr übernehmen. Viele Grüße.
Hallo zusammen.
Ich bin Servicetechniker für den Bereich Gebäudemanagement eines großen deutschen Bauunternehmens mit Hauptsitz in Bielefeld.
Ich selber bin wohnhaft im Norden von München.
Die lokale Niederlassung mit der regionalen Betreuung unserer Kunden befindet sich in München.
Im Arbeitsvertrag ist keine erste Tätigkeitsstätte definiert, die einzige Adresse ist die vom Hauptsitz in Bielefeld.
Ich selbst habe ein Servicefahrzeug (Nutzfahrzeug), mit dem ich von zu Hause aus täglich direkt zur Kundschaft fahre ( allerdings ohne Privatnutzung). In der Niederlassung bin ich höchstens einmal alle zwei Wochen, da die Firma viel Wert auf Home Office legt und ich Aufträge von unterwegs oder von zu Hause aus erledigen kann.
Material lass ich meistens auch direkt nach Hause liefern, da der Standort am anderen Ende von München liegt und es immer viel Verkehr hat..
Ich bin also sehr dezentral unterwegs.
Firmenintern gibt es neuerdings eine Regelung, dass erst ab einer Entfernung von 50 km von der ersten Tätigkeitsstätte der Tagesverpflegungszuschuss gewährt wird-Meine letzte Reisekostenabrechnung wurde somit abgelehnt..
Ich war viel in München unterwegs, also weniger wie 50 km von wo auch immer. Aber die Mittagspause kostet in München unter Umständen mehr-auch wenn weniger von zu Hause weg, als z.B. im ca. 100 km entfernten Niederbayern, wo ich auch regelmäßig für die Arbeit unterwegs bin…
Auf meine Beschwerde wegen der Ablehnung meiner letzten Reisekostenabrechnung hieß es lapidar: Sie können ja in kurzer Zeit nach Hause fahren und da eine Mittagspause einlegen. Das ist ja weniger wie 50 km entfernt für Sie…
Sorry—Aber solche Idioten. Ich war so sauer…
Ich habe das Gefühl die haben keine Ahnung in Bielefeld,
es geht doch letztendlich um die Zeit, in der man unterwegs ist.
Wenn es mehr als 8 Stunden sind gibt es die Verpflegungspauschale von 12 Euro, bei Reisen von mehr als 24 Std. gibt es 24 Euro.
Da kann der Arbeitgeber doch nicht einfach eine 50 km Grenze erfinden…
Da in unserem Konzern scheinbar viele Leute gut bezahlt werden und offensichtlich keine Ahnung von nichts haben, aber entscheiden können hoffe ich hier ein paar Infos zu bekommen…Betrifft bei uns auch mehr als 80 Servicetechniker deutschlandweit…Vielen Dank!!!!